Orff® – Kunst und Pädagogik I 5. Jahrgang Heft 1/2024

Dr. Thomas Rösch: Das Orff-Schulwerk und die alte Musik I Elementare Musikübung (Teil 1)

Welche Rolle spielt und welche Funktion übernimmt die alte Musik im Orff-Schulwerk? Um fundierte Antworten auf diese Fragen geben zu können, muss sich der Blick zunächst auf das künstlerische Schaffen des Komponisten richten. Nach einem traumatischen Kriegserlebnis 1917 an der Ostfront, nach langer Rekonvaleszenz im Lazarett sowie nach vorübergehender Aushilfstätigkeit als Kapellmeister in Mannheim und Darmstadt kehrte Orff im Sommer 1919 als freischaffender Komponist in seine Vaterstadt München zurück. Die gegen Ende seines Studiums an der Akademie der Tonkunst aufgebrochene tiefe künstlerische und existenzielle Krise des Jahres 1914, die eine nachhaltige Verunsicherung zur Folge hatte, wurde durch die genannten Ereignisse der Jahre 1917/18 nur noch verschlimmert.1 In seinem unbedingten Streben nach einer Neuorientierung als Komponist wandte sich Orff deshalb zunächst in erster Linie den alten Meistern zu. Prägende Kindheitseindrücke etwa von Orlando di Lassos Psalmi poenitentiales – für Orff bis zuletzt der »Inbegriff ‚großer Musik«2 –, aber auch der starke „handwerkliche“ Aspekt des Komponierens früherer Jahrhunderte mit klaren und verbindlichen Regeln der Satztechnik vermittelten ihm möglicherweise Sicherheit und festen Halt in unsicheren Zeiten. Dabei war Orff durchaus nicht der einzige, der sich in den 1920er- und 1930er-Jahren verstärkt mit alter Musik befasste. [...]

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